Asche über unsere linke Schulter, oder so ähnlich: Lange ließen wir euch in Ungewissheit schmoren, seit dem letzten Blogbeitrag. Bewusst, aber ohne Absicht. Wir haben oft an euch gedacht und fast genauso lange in Unklarheit geschwebt wie ihr. Seit kurzem wissen wir mehr – Anlass, euch wieder ein Stück des Weges mitzunehmen.

Es wird Zeit für eine Veränderung, das wurde uns letzten Sommer klar. Panamá ist fast zu sehr zu unserer Heimat geworden. Wie einfach und verlockend wäre es, bis auf Weiteres hier zu bleiben. Allerdings fühlen wir uns zu jung, zu hungrig, zu lernbegierig, um im Status Quo zu verharren. Um zu bleiben wer man ist, müsse man sich doch immerwährend verändern, heißt es.

Muoza ankert im Schutz der Palmeninsel Esnasdup

Also Veränderung. Besser eine klare Mission als Ungewissheit. Wir packen unseren Traum von der Südsee aus. Beschließen, ihm zu folgen – nach Polynesien, Melanesien, Mikronesien. Vorher noch mal nach Hause fliegen, liebe Menschen besuchen. Teile für Muoza besorgen, um das Schiff auf den größten Teich unseres blauen Planeten vorzubereiten. So weit zum Plan.

In San Blas, quittiert Muozas Getriebe seinen Dienst – 50 Meilen bis zur Marina, in der windarmen Regenzeit. Wir lernen, Muoza mit dem 10PS Außenborder zu manövrieren. Mittels inprovisiertem Motorspiegel, an der Badeleiter angebracht. Oder mit seitlich angebrachtem Beiboot. Unser Glück schenkt uns ein passendes Windfenster, welches uns Richtung Marina schiebt. Allerdings mit gefährlicher Nachtansteuerung, die zum Glück gut geht.

Improvisierter Motorspiegel für den Außenborder

Zu Hause in Österreich: Ein herrlicher Spätsommer veredelt unsere Zeit mit Familie, Freunden, Kollegen. Wir kontaktieren zudem eine Organisation, mit der wir seit mehr als 15 Jahren in Verbindung stehen. Es geht um eine alte Vision: Eines Tages im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit neuen Länder, neuen Menschen zu begegnen. Kulturen, Sprachen, Denkmustern, Lebensweisen. Nicht nur „denen“ helfen wollen, indem wir unser System exportieren – sondern auch „deren“ Kultur und Erfahrungen wertschätzen, in unserer Welt nutzbar machen. Dialog statt Einbahnstraße. Wir Menschen aus dem Norden haben im Süden noch viel zu lernen, so viel haben wir erkannt.

Steinmännchen bauen am grünen Inn
Wieder ganz zu Hause angekommen.

Schreck lass nach: Statt eines unverbindlichen Gespräches wird uns die Möglichkeit zweier Anstellungen in Aussicht gestellt! In Madang, Papua-Neuguinea (PNG), wo wir schon immer hin wollten! Eines der ursprünglichsten Länder der Welt. Start in wenigen Monaten! Was jetzt? Erst einmal abwarten, denn es handelt sich bisweilen noch um kein konkretes Angebot. Also weiter an der Pazifiküberquerung per Boot arbeiten. Wir könnten prinzipiell ja auch nach Papua segeln – aber nicht in so kurzer Zeit!

Zurück in Panamá holt uns die Realität ein: Baustelle im Motorraum, Teile und Schrauben im ganzen Schiff. Das Getriebe ist ausgebaut, wird erfolgreich repariert. Der Motor ist in Einzelteile zerlegt, wird gereinigt und begutachtet, erhält eine neue Zylinderkopfdichtung. Der Mechaniker kann kaum glauben in welcher Qualität die alten Motoren gefertigt wurden. Unsere Maschine ist 46 Jahre alt, kein Ende der Dienstzeit absehbar. Neue Motoren leben gerade mal 10 Jahre. Ein Schelm, der dabei an geplante Obsoleszenz denkt…

Aus den Tiefen des Motorraumes…
…treten erstaunliche Teile zutage.

Trotz der klaren Aufgabe an der Maschine fühlen wir uns wie paralysiert. Die Projekte in Papua-Neuguinea rumoren in unseren Hinterköpfen. Die Schwierigkeit: Der Weg „segeln im Pazifik“ steht der Option „Arbeiten in PNG“ diametral gegenüber. Segeln im Pazifik bedeutet, das Schiff mit Hochdruck klar für die weite Reise zu machen. Einkaufen, investieren, am Boot arbeiten, Routen und Termine planen. Wenn wir nach Papua gingen, wären Investitionen für Rettungsinseln & Co erst einmal sinnlos – wir müssten uns überlegen, Muoza an Land zu parken, zu vermieten, zu verkaufen…

Unsere Strategie für den Umgang mit dem Dilemma: Taoistische Entscheidungsfindung. Wir werden abwarten, woher der Wind weht und unsere Segel entsprechend anpassen. Beide Optionen sind sehr attraktiv, wir können uns beides vorstellen – und wollen dabei nichts erzwingen. Die Klarheit folgt erst spät, nach drei Monaten voller Ungewissheit: Tatsächlich werden uns zwei Jobs in Papua-Neuguinea angeboten, als Unternehmensberater für eine Schulverwaltung und für eine NGO. An solchen Wendepunkten orientieren wir uns gerne an dem Leitspruch des Philosophen Heinz v. Förster: „Handle stets so, dass sich die Anzahl deiner Möglichkeiten erweitert!“
Wir sagen zu.

Der neuen Klarheit folgen neue Aufgaben, Entscheidungen sind zu treffen. Wir müssen uns wieder einmal von lieb gewonnenen Menschen verabschieden. Wissen nicht, ob wir sie jemals wiedersehen werden. Aua-aua. Die Rückseite der Segler-Medaille.

Ist Gelassenheit angeboren oder können wir das lernen?

Ein Boot in einem der feuchtesten Länder der Erde über zweieinhalb Jahre einmotten? Schwierig, teuer, riskant. Ohne Muoza wird uns ein Teil unserer Identität abhanden kommen, insbesondere im Falle eines Verkaufes. Wir trösten uns damit, dass wir in Zukunft ja wieder ins Seglerleben zurückkehren können, wenn wir wollen. Auf Muoza oder einem anderen Boot. Wir delegieren die Entscheidung wieder an „Tao“, versöhnen uns mit jeder Möglichkeit. Wir werden ja sehen, woher der Wind weht, erst dann werden die Segel ausgerichtet. Bis dahin stehen für Muoza die Zeichen auf Landurlaub in der Marina. Dort haben wir zwei Bekannte, die ein Auge auf unser Schiff haben werden, während es ausgestattet mit einem Entfeuchter, unter schattigen Planen auf den nächsten Wink des Schicksals wartet.

Wir sind aufgeregt. Freuen uns. Fühlen uns reich: Wir hatten die selbst auferlegte Luxus-Wahl zwischen zwei Lebensträumen. Haben wir uns für den richtigen Weg entschieden?

Hoffentlich bleibt uns das Glück hold.

Anfang April beginnt das Training in Wien, bis zur Ausreise nach Papua-Neuguinea. Etwa ab Juli werden wir zwei Jahre Erfahrung als Unternehmensberater und als Menschen sammeln. In einem neuen Rahmen. Unsere jahrelange Reise ist noch nicht zu Ende, ganz im Gegenteil! Und ihr seid weiter eingeladen, uns zu begleiten. Es geht weiter, immer weiter, zeitwärts.

Kommentare

  1. Brigitte Knaus

    Ihr lieben zwei Zeitreisenden,
    was Ihr da gerade tut – heisst leben 😉
    Still und leise freue ich mich aus der Ferne über Euren spannenden Weg. Der Weg des Tao schenkt Euch jeden Tag die Sicht auf den nächsten Schritt. Liebe Gedanken Brigitte

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  2. Josef Bamhakl

    Spannend von euch zu hören, noch spannender klingt eure neue Aufgabe, viel Glück, Geduld und Ausdauer und ein Meer von neuen Erfahrungen wünsch ich euch.

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  3. Aschauer Brigitte

    Das Glück wird bestimmt wieder an eurer Seite sein. Wünsche euch beiden, dass diese spannende Reise so gut weiter geht wie bisher. Danke das ich mitlesen darf. Alles liebe aus Tirol

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  4. Christine Federspiel-Heger

    Löffel Hollareidulio! Hab ich das nun richtig verstanden – ihr geht nach Papua Neu Guinea?? Wird sicher etwas schmerzen, sich von Schinaggl (Schiff) zu trennen. Veränderung ist schon euer zweiter Vorname. Bei uns letzte Ausläufer vom Winter, ein letztes Aufbegehren mit Grippewelle. Hat uns gleich alle schön einipraggt, me tzoo. Aber es ist Licht am Ende des <schnupfentunnels! Kurantrag gestellt, Zusage bekommen, und heute Termin, juhu. Regeneration ist angesagt. Am 3. April gehts ab in due Kur, hurra. Ein gekrächzter Jodler aus Rockland Tirol, C.

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  5. Hermann

    Ich habe mich sehr darüber gefreut, wieder einmal etwas von euch zu lesen. Ich wünsche euch viel Glück und Erfolg in Neu-Guinea und bin schon gespannt darauf, die Berichte von dort zu lesen.

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